Das Beste was einem Croissant passieren kann by Pablo Tusset

Das Beste was einem Croissant passieren kann by Pablo Tusset

Autor:Pablo Tusset [Tusset, Pablo]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Frankfurter Verlagsanstalt
veröffentlicht: 2013-09-17T00:00:00+00:00


Die Haarbalgmilben

Ich würde gerne sagen können, dass mir in jener Nacht die Jungfrau erschienen ist, aber ich fürchte, dass mir die Erwähnung Marias als Soll verbucht wird. Sagen wir, mir ist eine weibliche Gottheit in der Version 3.0 erschienen, mit Tauchgerät und in druckdichtem Anzug, aber in jedem Fall war es die Jungfrau Maria, man erkennt den Typus, auch wenn er keinen Tüll trägt. Sie legte ihren Handschuh auf meine Stirn und lächelte hinter dem Visier. Wahnsinnig jung; so jung und schon die Jungfrau Maria, dachte ich, noch nicht einmal zwanzig. Ich verspürte ein erfrischendes, heilsames Strömen; meine Atmung passte sich dem Rhythmus ihres Atemgeräts an – mit Darth Vader hatte das nichts zu tun, es war ein betörend parfümierter Hauch –; das Bett hörte auf zu wackeln, das Zimmer schwankte nicht mehr wie toll, alles wurde behaglich und ruhig. Das muss im Morgengrauen passiert sein. Danach schlief ich tief und fest. Es war ein eindringliches Erlebnis, aber ich will nicht weiter darauf herumreiten. Es wird nicht gern gesehen, wenn jemand einen besonderen Draht zu einem göttlichen Wesen hat.

Um sieben Uhr abends schlug ich die Augen auf, pling. Dafür sorgten die Zeiger meines Weckers. Als Erstes unterzog ich mich einem Scan, um die Schäden abzuschätzen. Mit der Zeit habe ich gelernt, die Kater in verschiedene Gruppen einzuteilen; es gibt den Hammerkater, den Knüppel-aus-dem-Sack-Kater, den Kater-seltsam oder den Kater-wo-bist-du, – ich zitiere aus dem Gedächtnis –, obwohl er meistens als Kombisyndrom wie Hammerstumpf oder Seltsam-Knüppel-aus-dem-Sack auftritt. Aber das hier war neu, eine merkwürdige Gedämpftheit, bestimmt hatten die zwölf oder vierzehn Stunden, die ich geschlafen hatte, die schlimmsten Auswirkungen abgemildert. Ich schaffte es sogar, der lästigen Pflicht nachzukommen, die Alkoholpfütze mit Meeresspinnenklümpchen und Zwiebelstückchen aufzuwischen, die sich auf dem Fußboden ausbreitete. Meine tollen neuen Schuhe hatten einen heftigen Schwall abbekommen, und die Bettlaken waren ebenso wenig verschont geblieben; der richtige Moment also, um die Bettwäsche zu wechseln. Etwas an der gelblichen Appretur legte drastische Maßnahmen nahe. Das alles tat ich, bevor ich den Kopf unter den Wasserhahn in der Küche hielt. Ich machte Kaffee und rauchte mehrere Joints; meinem Reinlichkeitszwang ergeben, rasierte und duschte ich mich, und als ich damit fertig war, zeigte die Küchenuhr bereits zehn vor neun. Hunger, großer Hunger. Die Vorstellung, dass es bereits an die Reserven ging und Fett verbrannt wurde, das zu meinem intimsten Wesen gehörte, alarmierte mich irgendwie, und ich rannte zum Kühlschrank auf der Suche nach etwas, das den Verschlankungsprozess aufhalten könnte. Ich riss eine Packung eingeschweißter Frankfurter Würstchen auf und verschlang gierig die Hälfte. Ansonsten war ich sauber und rasiert und verfügte über Kleidung im Überfluss – diesmal entschied ich mich für das Hawaiihemd –, also brauchte ich nicht lange, bis ich ausgehfertig war.

Mit Baghira fuhr ich bei meinen Eltern vor. Ich überlegte, ob ich den Wagen einfach vor dem Haus parken oder in die Tiefgarage stellen sollte. HV hat nur einen Wagen, den er nie benutzt – immer einen dunkelblauen Jaguar Sovereign und immer das neueste Modell –, aber ihm gehören vier oder fünf Stellplätze, falls er Besuch bekommt.



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